Karolinger, Byzantiner, Burgos und Jánoshida

Sackpfeife

Historischer Hintergund:

 

Die Karolinger Sackpfeife, die Byzantiner Sackpfeife, die Jánoshida Sackpfeife 2.0 und auch die Burgos Sackpfeife orientieren sich an Beschreibungen, Instrumentenfunden und Abbildungen von Sackpfeifen aus dem Früh- und Hochmittelalter. Die letztendlichen Konzepte stammen von mir.  Die Namen der Sackpfeifen sind hypothetisch.

 

Instrumentenfragmente aus dem Früh- und Hochmittelalter lassen den Schluss zu, dass zu dieser Zeit zylindrisch gebohrte Einzel -, wie auch Doppelhornpfeifen mit Aufschlagzunge als Tonerreger sehr verbreitet waren. Aufnahmevorrichtungen an einigen der gefundenen Fragmente legen nahe, dass sie nicht nur direkt, sondern auch indirekt über ein Luftreservoir, beispielsweise über eine Schweinsblase, einen Kuhmagen oder ähnliches benutzt wurden. Es handelt sich demnach um Spielpfeifen für ein Platerspil oder eine Sackpfeife.

Rekonstruktion der Jánoshida Doppelpfeife. Das Original ist datiert auf das 7./8. Jahrhundert (Frühmittelatler).

Mit freundlicher Genehmigung von Michael Peter Vereno.

Steinrelief an der Kathedrale in Burgos (Spanien). Es ist eindeutig eine bordunlose Sackpfeife mit Doppelspielpfeife zu erkennen. Das Relief ist auf 1230 bis 1240 datiert (Hochmittelalter).

Mit freundlicher Genehmigung von Adriana Martinez.

 

Der Typus Sackpfeife mit Doppelspielpfeife und Aufschlagzunge als Tonerreger hat bis heute beispielsweise in der Gascogne (Frankreich) als Boha, in der Türkei als Tulum oder in Kroatien, in Herzegowina und in Serbien als Diple überlebt. Alle diese Sackpfeifen verfügen über zwei parallele Spielpfeifen, die in ein Holzstück eingearbeitet sind. Es existieren keine separaten Bordune.

 

Die Karolinger Sackpfeife, die Byzantiner Sackpfeife, die Jánoshida und auch die Burgos Sackpfeife verfügen ebenfalls über zwei parallele Spielpfeifen in einem Holzstück. Ein separater Bordun ist auch hier nicht vorhanden.

                         Die verschiedenen Modelle

Karolinger Sackpfeife

 

Die Besonderheit der Karolinger Sackpfeife ist, dass man bei beiden Spielpfeifen auf die große Untersekunde wechseln kann. Dies geschieht durch Abdecken der beiden unteren Grifflöcher mit dem kleinen Finger. Man kann so beim Spielen zwischen dem Grundton und der großen Untersekunde als Bordunton wechseln. Durch dieses einfache, aber geniale Prinzip bieten sich tolle harmonische Möglichkeiten. Bedient man den Wechselbordun nicht, erklingt der Grundton durchgängig.

 

Die Griffweise ist geschlossen.

 

Spielbare Skalen sind: Dorisch/Phrygisch/Natürlich Moll (Äolisch).

 

Das Prinzip des Wechselborduns ist bei vielen osteuropäischen Sackpfeifen noch heute erhalten, auch bei der Boha findet man selbiges. Allerdings ist bei diesen Instrumenten der Wechselton die Unterquarte und nicht die Untersekunde. Der Wechselton ist bei besagten Instrumenten für gewöhnlich nur auf einer Spielpfeife realisierbar und nicht auf beiden Spielpfeifen, wie es bei der Karolinger möglich ist.

 Karolinger "Quattuor" Sackpfeife

 

Das Griffloch für die Quarte ist bei der Karolinger "Quattuor" Sackpfeife auf beiden Spielpfeifen vorhanden, so dass man zwischen dem Grundton, der Untersekunde und der Quarte als Bordunton wählen kann.

 

Die Griffweise ist geschlossen.

 

Spielbare Skalen sind: Dorisch/Phrygisch/Natürlich Moll (Äolisch).

 

Durch das beidseitig gebohrte Loch für die Quarte, hat man ebenfalls die Möglichkeit den Grundton in die Mitte zu verlagern um im hypomixolydischen Modus (mittelalterlicher Kirchenmodus) spielen zu können. 

Byzantiner Sackpfeife 

 

Bei der Byzantiner Sackpfeife ist die None auf beide Spielpfeifen verteilt. Dadurch hat man die Möglichkeit verschiedenste Zweiklänge spielen zu können. Dieses Prinzip kommt beispielsweise auch bei den Cornish Bagipes oder bei der Magdeburger Schäferpfeife vor.

 

Die Griffweise ist geschlossen.

 

Spielbare Skalen sind: Dorisch/Phrygisch/Natürlich Moll (Äolisch), oder Mixolydisch/Dur.

Burgos Sackpfeife 

 

Die Burgos Sackpfeife orientiert sich an einem Steinrelief, welches man an der Kathedralde zu Burgos (Spanien) sehen kann. Die Grifflöcher auf beiden Spielpfeifen verlaufen durchgängig parallel. Alle Töne sind somit doppelt vorhanden. In einigen Kulturen hat dieses Prinzip bis heute überlebt, beispielsweise beim türkischen Tulum und beim persischen Ney Anban.

 

Die Griffweise ist geschlossen. Die spielbare Skala ist "Hijaz".

Jánoshida 2.0 Sackpfeife 

 

Diese Sackpfeife orientiert sich an der Doppelspielpfeife welche in

Jánoshida (heutiges Ungarn) gefunden wurde. Das Original ist auf das 7./8. Jahrhundert datiert. 

 

Die Bezeichnung 2.0 bezieht sich darauf, dass es Erweiterungen zum Original gibt. Anders als beim Original, bei selbigem gibt es auf der linken Spielpfeife nur fünf -und auf der rechten Spielpfeife nur zwei Grifflöcher, verfügt die Version 2.0 über neun vorderständige Grifflöcherlöcher auf der linken und fünf Grifflöcher auf der rechten Hand. Die linke Spielpfeife hat ein Daumenloch. Durch die doppelte Anordnung der fünf unteren Löcher bietet sich die Möglichkeit der Zweistimmigkeit. Man kann die vier unteren Grifflöcher auch leicht "gegeneinander" stimmen, so dass der Eindruck entsteht es spielen zwei Sackpfeifen. Ein Prinzip, dass heutztage auch noch bei einigen südosteuropäischen Sackpfeifen üblich ist.

 

Die Griffweise ist geschlossen.

 

Spielbare Skalen sind: Dorisch/Phrygisch/Natürlich Moll (Äolisch).

Die Lautstärke ist moderat. Die Sackpfeifen sind lauter als ein Hümmelchen, aber nicht so kräftig wie eine Schäferpfeife.

 

Hier klicken für ein Karolinger Sackpfeifen Klangbeispiel

 

Hier klicken für ein Byzantiner Sackpfeifen Klangbeispiel

 

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Unterricht

 

Ich biete für diese Sackpfeifen Online- und auch Präsenzunterricht an. 

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